Auch dieses Jahr möchte ich Euch wieder etwas von uns erzählen
Nina und Benji sind meine zwei Ältesten. Sie sind, seid sie sich kennen, dicke Freunde. Jeden morgen nach der Tagwache schmusen die beiden erst mal. Sie verhalten sich oft wie Menschen. Als sie noch jung waren, schmusten sie lange und intensiv. Jetzt im Alter kurz und ruhiger. Da Nina immer Angst vor Menschen hatte und sich nicht anfassen liess, lebte sie nur sicher und entspannt in unserem Rudel. Sie kann jedem Hund zeigen wo’s lang geht, aber auch mit jedem Hundemann im Tierheim flirten. So, dass Benji manchmal traurig ist. Dogdance und Agility waren ihre Lieblingsdisziplinen. Natürlich auch alles was mit Futtersuchen zusammen hing.
Seit geraumer Zeit kämpft sie mit ihrer Demenz. Sie weiss nicht mehr, dass die Menschen böse sind und wirft sich jedem buchstäblich um den Hals. Sie kennt die Kommandos meistens nicht mehr. Dann bietet sie irgend etwas an, um sich ein Gutzi zu ergattern. Sie läuft falschen Menschenbeinen hinterher oder denkt sich selbst eine Spazierroute aus und bellt im Haus oder Hofplatz einfach so. Futter suchen und Dummy bringen versteht sie noch recht gut.
Beim Gutzigeben frisst sie einem die Finger gleich mit. Aufgepasst bei unserer schrulligen Maus.
Benji war als junger Hund ein Kletterkünstler. Jeder Holzstapel im Wald musste dafür hinhalten. Wie ein kleiner Affe kletterte er überall hoch, sogar bei unserem Umbau über die Leiter auf‘s Dach. Mir stockte manchmal der Atem. Natürlich waren seine Lieblingsdisziplinen Dogdance und Agility. Wie konnte es auch anders sein, wenn Nina so gefallen daran hatte.
Vor ein paar Jahren hatte er eine zerschmetterte Achillessehne. Trotz einigen Operationen kam dieses Bein nicht mehr gut. So hörten seine Kletterkünste auf. Sein kleines Hundeherz macht ihm trotz Medikamente recht zu schaffen. Er kann nicht mehr rennen und spielen. Alles muss langsamer vonstattengehen, sonst bekommt er keine Luft mehr. Wenn die Jungen toben und spielen, regt er sich darüber auf. Er hat vergessen, dass er und Nina auch so tollen konnten.
Eine staunenswerte Geschichte einer Hundefreundschaft
Unsere Fly kam taub und mit einer schwierigen Vergangenheit zu uns. Sony, unser ebenfalls tauber Appenzeller-Mix, war vom ersten Tag an ihr bester Freund. Fly konnte ihn und all unsere anderen Hunde immer wieder zum Herumtollen animieren. Einer machte immer mit, erlag ihrem unbeschreiblichen Charme. Leider war von Anfang an klar, dass Fly mit der Zeit erblinden würde.Ab diesem Frühjahr verschlechterte sich ihr Sehvermögen rapide. So ersetzte Sony ihr die Augen. Jede Arbeit erledigten sie zusammen. Sie war immer auf Zack. Egal ob Sitz, Platz oder Herkommen, sie wollte auf jeden Fall schneller und besser sein, eine richtige kleine Streberin. Sie lernte schnell und gut. Alles machte ihr Spass, Hauptsache es war etwas los! Sie war einfach ein Schatz.
Natürlich hatte sie auch ihre kleinen Unarten. Wenn ich in der Küche am Rüsten oder Kochen war, sah ich immer ihre Vorderpfoten auf der Küchenablage. Wenn ich in der Kaffeestube verschwand ohne sie mitzunehmen, hüpfte sie sofort via Sofa auf die Fensterbank. Sie musste sich natürlich vergewissern, was ich denn machte. Ihre Anhänglichkeit war unbeschreiblich. Ich glaube, sie hätte alles für mich getan
Im Sommer kam dann der schreckliche Unfall. Wir waren auf dem Waldspaziergang bei einer ihrer so geliebten Übungen. Sie sprang von einem Eichenstrunk herunter und wollte wie immer die Schnellste und Beste sein. Dabei drang ein Ast in ihre Brust und durchstach ihr die Lunge und das Herz. Sie war ausserordentlich tap- fer, versuchte mich zu trösten und leckte auf dem langen Heimweg immer wieder mein Gesicht, und das in ihrer Situation! Liebe Fly, ich wünsche dir im Hundehimmel alles Liebe und Gute! Wir alle waren sehr traurig und bestürzt. Das hatte sie nun wirklich nicht verdient.
Sony, ihr bester Kumpel, konnte sich nicht mehr erholen. Es tat in der Seele weh ihm zuzuschauen. Er wurde jeden Tag kraftloser und unscheinbarer. Er konnte sich zu nichts mehr aufrappeln. Wir beschlossen Sony einen kleinen Freund zu suchen. So kam Denny zu uns. Innerhalb weniger Stunden waren die beiden Freunde. Sony blühte förmlich auf. Juhee, ein neuer Spielkamerad! Denny ist ein kleiner, verspielter, freundlicher Kerl. Wo er ist, verbreitet er Freude und natürlich wickelt er alle um den Finger. Und, ihr glaubt es kaum: Immer wenn ich in der Küche wirke, stellt er seine Pfoten auf die Küchenablage. Jedes Mal, wenn ich ohne ihn in der Kaffeestube verschwinde, steht er blitzschnell auf dem Fensterbrett und schaut wo ich bin. Es ist gerade so, als hätte Fly ihm geflüstert wie man das macht. Lieber Denny, trotz deiner kleinen Untugenden lieben wir dich über alles . Du tust uns allen gut. Danke, dass du bei uns bist!
Aisha findet in einem neuen zu Hause zur Freude zurück
Mein Flädi Luk war erst seit kurzer Zeit tot und ich traurig und der Gewissheit, dass ich wieder einen treuen Freund brauche. Ich war gerade im Spital, als mich ein Telefon aus meiner tiefen Krise holte. Ein Golden Retriever suche ein Plätzli, der Hund sei sehr ängstlich und brauche jemanden wie mich. Jemanden wie mich? Na ja, was sollte ich ihr geben können, was andere nicht können? Der Anruf liess mir keine Ruhe und so fuhr ich nach Neuwilen zu Marianne Holzer.
Als ich Aisha da so sah, war für mich klar, dass ich es versuchen wollte. Einen Monat besuchte ich sie fast täglich in Neuwilen, wo ich mich ganz langsam an sie herantastete. Als ich sie zum ersten Mal sah, blickte mich ein trauriges Augenpaar an, ein zitterndes Etwas. Bevor ich sie abholte, überfiel mich dann doch die Angst, dass ich ihr nicht geben könnte, was sie brauchte. Nämlich Ruhe und dass sie bestimmt, wann sie bereit ist, mit mir Leben zu wollen. Nach einer langen Nacht gab ich ihr und mir die Chance und holte sie dann an einem Freitag im November 2007 ab.
Sie lag still in der Ecke. Panik und Angst schauten an mir vorbei. Langsam näherte ich mich ihr. Sie drehte den Blick ab, zitterte noch mehr. Das war meine erste Begegnung mit Aisha vor mehr als sechs Jahren. Sie hatte ein Schicksal hinter sich, wie es so viele Tiere einfach still erdulden müssen, weil wir wegschauen, es nicht sehen wollen. Sie hatte Glück, durfte in die Obhut von Marianne.
Ich mag nicht aufzählen, was sie erleben musste. Ein Geschenk ist es für mich, täglich zu erfahren und zu spüren, wie sie wieder ins Leben zurückfindet, auch nach so vielen Jahren noch. Ihre Ängste sind dennoch geblieben, wenn immer fremde Geräusche ihr Inneres erreichen. Gewitter, welches sie in Panik versetzt, wenn es lange donnert. Kinder die schreien, Türen die knallen, Feuerwerk und vieles mehr. Es fällt mir auch heute noch schwer die Reaktionen von ihr zu ignorieren, sie nicht zu trösten, sondern ihr das Gefühl zu geben, dass da doch gar nichts sei.
Anfangs ging sie mit mir spazieren mit eng unter dem Bauch geklemmter Rute, mit eng am Kopf angelegten Ohren und geducktem Kopf. Oft wurde ich angesprochen, was mit diesem Hund denn los sei. Sie hat einfach die Zeit gebraucht Vertrauen zu fassen und zu lernen, dass nichts Unangenehmes mit ihr geschieht. Mit viel Geduld und Liebe lernte ich sie zurück zum Auto zu laufen und da zu warten, wenn sie ausgebüxt ist, weil etwas sie erschreckt hat. Das klappte sehr gut. Deshalb parkiere ich immer so, dass sie keine Strasse zu überqueren braucht. Natürlich wird sie dann für ihr braves Warten gelobt.
Nach mehr als zwei Jahren hat sie mich zum ersten Mal an der Türe begrüsst, mit eingeklemmter Rute, aber sie kam!! Ich kniete nieder und habe sie ganz toll gelobt. Sie spürte wohl meine Freude, denn ihre Rute hob sich nun von Mal zu Mal. Nach fast 3 Jahren hat sie sich zum ersten Mal gewagt im Spiel zu bellen! Ich hatte schon irgendwie das Gefühl, dass sie gar nicht bellen kann. Ein riesiges Geschenk für mich!!! Ich verspüre einen inneren Frieden, wenn ich sie zusammen mit anderen Hunden spielen sehe oder wenn der ganze Stress von ihr geht und sie zeigt, dass sie ein Hund mit Spass am Leben ist. Es berührt mich noch heute sie im Schlaf wimmernd zu sehen, die Rute eng zwischen die Beine geklemmt. Doch manchmal schwenkt die Rute auch hin und her. Es gibt nun also auch süsse Träume.
Mittlerweile ist sie ein Hund, der sich sehr an mir orientiert und nur noch ab und zu in Angst und Panik verfällt. Falls aber doch, dann lasse ich ihr die Zeit und warte zu, bis sie wieder meine Nähe sucht. Ich weiss, ich habe keinen Hund wie andere es haben. Denn ohne dass sie es bemerkt, muss ich mich manchmal nach ihr richten. Das Spazieren entlang von Baustellen geht nicht. Dies ist purer Stress. Es müssen Wege sein, die ruhig sind. Nicht immer lässt sich das vermeiden. Am See kommt es vor, dass wir wandernden Schulklassen begegnen. Das bereitet ihr grosse Mühe. Dann braucht sie Zeit, um weiter zu gehen, ansonsten verfolgt sie die Angst noch tagelang.
Im dritten Jahr unserer Freundschaft ging sie zum ersten Mal schwimmen. Welch ein grosser Tag. Auch nach so langer Zeit braucht es von mir noch die Ruhe und Geduld, sie zu nehmen wie sie ist. Kürzlich kamen wir mit dem Auto in ein Unwetter mit Hagel. Die folgenden drei Tage war sie nicht mehr bereit ins Auto zu steigen. Ich akzeptiere dies, denn ich weiss sie steigt wieder ein, sobald ihr Inneres alles verarbeitet hat.
Aisha hat so viel Liebenswertes an sich, dass ich diese Geduld ohne zu hadern aufbringen kann. Ich war mir bewusst, dass ich keinen Hund nach Hause hole, der nach gängigen Methoden zu halten ist. Sie gibt mir viel Liebe zurück, sodass sich der Aufwand mit viel Geduld gelohnt hat und ich immer wieder auf sie warte, wenn sie die Vergangenheit einholt. Ich bin mir inzwischen sicher, dass sie das auch weiss, denn ihre Erholung dauert immer weniger lange. Wir sind ein glückliches Team geworden, und ich lasse ihr alle Zeit der Welt und danke ihr für jeden Tag. Wenn ich sehe, wie sie glücklich mit anderen Hunden spielt, sich ganz einfach zu mir legt, meine Hand leckt und einschläft, dann bin ich der glücklichste Mensch.
Danke, dass du in mein Leben getreten bist.
Die Ängstliche
Die Zonia kam vor einem Jahr zu mir. Eine scheue, zurückhaltende Hündin, die enorm viel Angst zeigte. Schnell war klar, dass Zonia nicht einfach zu vermitteln war, und dass sie erst mal viel Zeit brauchen wird, um hier alles kennen zu lernen. Zu Beginn liess sie sich nicht anfassen und setzte sich sofort in die hinterste Ecke ihres Zwingers. Sie vermied jeden Blickkontakt und schreckte zurück, wenn man sich ihr noch so behutsam näherte. Mit Tricks gelang es mir, sie an die Aussenanlage zu gewöhnen. Mit anderen Hunden konnte sie etwas entspannen und spielte nach einiger Zeit auch mit ihnen.
Zonia liess sich über ein halbes Jahr nicht berühren, lag oft still in ihrem Zwinger und schaute uns misstrauisch zu. Nach täglich kleinen Übungen gelang es erst sie an- und wieder abzuleinen. Es brauchte enorm viel Geduld, bis sie mit mir ihren ersten Spaziergang an der Leine absolvierte. Zonia fürchtete sich auf den Spaziergängen vor so vielem, wie zum Beispiel vor allem, was sich bewegte oder auf uns zukam. Mit den Hunden draussen verhielt sie sich rasch sehr sozial. Sobald ich sie berühren konnte, entschied ich mich sie tagsüber in mein eigenes Rudel zu integrieren. Hier zeigte sie alle ihre Defizite auf. Fühlte sie sich beispielsweise unbeobachtet, schmiss sie die vollen Trinknäpfe um. Sie konnte kein Spielzeug mit anderen Hunden teilen. Alles was man vielleicht fressen hätte können, verteidigt sie. Ihren Liegeplatz nahm sie hin und wieder völlig auseinander. Kamen Menschen auf den Trainingsplatz der Hundeschule, verkroch sie sich in ihre Ecke, wo man sie nicht sehen konnte. Erst nach Monaten begann sie von sich aus mit grossem Abstand ganz vorsichtig nachzusehen, wer sich da auf dem Trainingsplatz rumtrieb. Doch auf sie zuzugehen, erlaubte sie nur mir.
Da sie von Anfang an vorne rechts sehr stark hinkte, liess ich sie Röntgen, sobald dies möglich war. Das Ergebnis war niederschmetternd. Ihr rechtes Bein besass an Stelle von Knochen nur noch zusammengewachsene Trümmer. Kein Wunder, dass sie Schmerzen hatte.
Nach fast einem Jahr konnte ich sie erst anleinen. Sie ging nun manchmal mit einer geduldigen Freundin auf den Spaziergang mit, wenn sich diese ihren Bedürfnissen anpasste. Sprachen Fremde sie an, lief sie davon, um dann wieder aus der Ferne zu beobachten. Sie zeigte immer wieder auf ihre Art, dass sie noch sehr gestresst war. Als ich sie halten musste, während dem der Tierarzt sie impfte, war das ganze Vertrauen wieder dahin. Das Privileg ihr Vertrauen zu besitzen, musste ich mir mit viel Liebe und Geduld erst wieder erarbeiten.
Zonia hat eine Patin bekommen, welcher ich auf diesem Weg von ganzem Herzen danken möchte. Sie bekommt von ihr jeden Monat 200 Franken für ihre Medikamente. Zonia wird wohl nie vermittelbar sein, zu sehr steckt sie in ihren Ängsten und Schmerzen. Gerade dieser Hund zeigt mir wieder einmal auf, wie wichtig es ist schwerst traumatisierten Hunden die Zeit zu geben, die sie benötigen. Inzwischen kann ich sie mit meinem Rudel auf längere Spaziergänge mitnehmen, aber auch hier zeigt sie viele Eigenarten. Sie kann nur links an der Leine gehen, rechts bekommt sie Panik. Wenn sie sich fürchtet, geht sie sofort ins Platz und ist dann schwer zu animieren wieder weiter zu laufen.
Zonia lebt in ihrer eigenen Welt. Ich bin dankbar, wenn sie es zu lässt in ihre zu tiefst verletzte Seele zu schauen. Langsam vermag sie sich zu öffnen, denn schelmisch beginnt sie die Umwelt auszutesten. Sie mag es zum Beispiel die Hühner beim Garten Umgraben zu erschrecken oder beim Autofahren vorne auf dem Beifahrersitz zu thronen und zu schauen, wo es lang geht. Wenn es ihr ganz gut gefällt, legt sie den Kopf auf meine Schulter, jedoch nur so lange ich fahre und auf die Strasse schauen muss. Zunehmend wird sie in der Gruppe aktiv, indem sie auch mal versucht um einen Baum zu laufen, um ein „Gutzi“ mitten im Rudel abzuholen. Ab und zu vergräbt sie einen Ast, den ihr gefällt oder rennt mir wieder hinten nach, nachdem sie auf dem Spaziergang zurückgeblieben ist. Sie zeigt zunehmend Interesse an ihrer Umwelt, welche ihr nach und nach spannend zu erscheinen scheint. Sie beginnt zu leben, und es wird noch besser.